OFFENER BRIEF – Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark

16. März 2022 13:37

Die Bürgerinitiative Jahnsportpark fordert nichts anderes als der Senator sich im 100-Tage-Programm zum Ziel gesetzt hat: Einen Realisierungswettbewerb für den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark – und nicht nur für das Stadion! Der Unterschied? Ist der gesamte nicht-professionelle Inklusions-, Vereins-, Schul-, Kinder-, Freizeitsport und somit das Interesse des Bezirks. Und ein Auftragsversprechen für mehrere Sporthallen und Außensportflächen, Kostenschätzung 60 Mio. €, die nicht einfach so nebenher mitgeplant werden können im Rahmen eines “Ideenteils”.

Herrn
Senator Andreas Geisel
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen
Fehrbelliner Platz 4
10707 Berlin

Berlin, den 16.03.2022

OFFENER BRIEF – Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark

Sehr geehrter Herr Senator Geisel,
bis Ende März soll das 100-Tage-Programm der Berliner Koalition umgesetzt werden. Darin
heißt es: „Um den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zu einem Inklusionssportpark zu
entwickeln, wird ein Realisierungswettbewerb ausgelobt.“ Auch im Koalitionsvertrag wird
versprochen, den Jahn-Sportpark „zum Inklusionssportpark zu entwickeln“.

Tatsächlich betrifft der von Ihnen angekündigte Realisierungswettbewerb, der am 21.03.22
vorgestellt werden soll, den insbesondere für die Ziele der Inklusion relevanten Sportpark in
keinster Weise. Der Realisierungswettbewerb wird lediglich für das Stadion ausgelobt und die
behauptete Entwicklung des Sportparks wurde auf die nächste Legislaturperiode (nach 2026)
verschoben.

Ihre Ankündigung, den Sportpark zu einem Inklusionssportpark zu entwickeln, ist also nicht
nur irreführend, sondern völlig unverbindlich. Mit dem geplanten Vorhaben werden die im
Koalitionsvertrag und im 100-Tage-Programm gemachten Versprechen tatsächlich NICHT
erfüllt.

Sie setzen sich damit auch über die Ergebnisse eines Werkstattverfahrens hinweg, an dem
Fachleute sowie Bürger*innen beteiligt waren. Dessen Ergebnisse sahen eine gemeinsame
Entwicklung des Stadions und des Sportparks sowie die Prüfung beider Optionen (Umbau vs.
Abriss) vor. Nicht nur soll nun ausschließlich das Stadion – ohne den Sportpark – entwickelt
werden, es wurde auch intransparent und hinter verschlossenen Türen beschlossen,
Abriss / Neubau zu verfolgen und die Prüfung eines möglichen Umbaus des Stadions zu
verwerfen.

Das bedeutet eine klare Gewichtung zugunsten des Profisports – gegen die Inklusion sowie
gegen den Breiten-, Vereins-, Schul-, Kinder- und Jugendsport. Die Handlungsempfehlungen
des Werkstattverfahrens werden ignoriert und die Bürgerbeteiligung mit Füßen
getreten. Schließlich steht das geplante Vorhaben in eklatantem Widerspruch zur vom Senat
anerkannten Klimanotlage, zum Abfallwirtschaftskonzept des Senats, zum Zero-Waste-
Leitbild und zur Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt – es geht um Abriss um jeden Preis,
obwohl der Klimaschutz als „eine zentrale Querschnittsaufgabe“ definiert wurde.

Im Koalitionsvertrag wurde ebenfalls vereinbart, Umbau gegenüber Abriss und Neubau zu
priorisieren. Zahlreiche Expert*innen, nicht zuletzt der berühmte Architekt Jean-Philippe
Vassal, dessen Büro sich dem Prinzip Umbau vor Abriss verschrieben hat, haben bescheinigt,
dass dieser möglich ist. Der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten, der Bund
Deutscher Landschaftsarchitekten und die Berliner Architektenkammer haben sich ebenfalls
für einen Umbau und gegen einen Abriss des Stadions ausgesprochen.

„Ein inklusiver, behutsamer Umbau des Stadions und seiner Umgebung ist auf jeden Fall
möglich. Man könnte dabei seine Eigenschaften beibehalten, seine Kapazität erhöhen und die
Zugänglichkeit gewährleisten. Das wäre eine elegante Art, auf aktuelle Umweltprobleme zu
reagieren: Weniger ausgeben, um mehr zu bekommen, Energie und CO2-Verbrauch
reduzieren, Natur- und Kulturdenkmäler schützen.“, so Vassal.

Die Berliner Bezirke sollen 78 Mio. Euro einsparen, die Finanzmittel der Schulen wurden
drastisch gekürzt, eine humanitäre Katastrophe rollt auf uns zu – und gleichzeitig soll für über
100 Mio. Euro ein Stadion mit 20.000 Sitzplätzen abgerissen und anschließend an derselben
Stelle und in gleicher Größe neu gebaut werden?

Das ist weder ökonomisch noch dem sozialen Zusammenhalt zuträglich, für den einzusetzen
Sie sich verpflichtet haben. Kinder, Jugendliche, Umwelt- und Sozialbelange bleiben auf der
Strecke für ein aus der Zeit gefallenes Prestigeprojekt.

Wir sind mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden, das ist keine Politik im Sinne der
Bürger*innen dieser Stadt. Wir fordern Sie hiermit auf, das Verfahren auf solide Beine zu
stellen und das Stadion zusammen mit dem Sportpark im Rahmen eines gemeinsamen
Realisierungswettbewerbs zu entwickeln – genau so wie es im Koalitionsvertrag steht. Setzen
Sie auf eine gute, sorgfältig durchdachte und nachhaltige Lösung anstelle von „Murks am Bau
in 100 Tagen“ – Berlin ist es wert.

Für weitere Informationen und ein gemeinsames Gespräch stehen wir sehr gerne zur
Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Bürgerinitiative Jahnsportpark – Jahnsportpark für alle
hier vertreten durch
Nina Weniger, Gaudystr. 15, 10437 Berlin
Alexander Puell, Gleimstr. 55, 10437 Berlin

https://www.jahnsportpark.de/

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